Was du im Bewerbungsformular NICHT beantworten musst

…zumindest nicht zu Beginn. Gehaltsvorstellung? Postleitzahl? Unternehmen sind oft sehr neugierig, doch deine Daten gehören dir! Finde heraus, wie du diese Felder bei einer Bewerbung clever überspringen kannst.

Patricia Parnet
6 min readApr 11, 2024
Ein Computer auf einem Schreibtisch, umgeben von vielen futuristischen Elementen.
Grafik kreiert mit Bing AI.

Ansichten sind meine eigenen.

Informationen, also ganze Felder, zu Beginn des Bewerbungsprozesses bewusst auszulassen, klingt erstmal etwas sonderbar. Irgendwie nicht gerade förderlich, oder?

Das Gegenteil ist der Fall: Die folgenden Ratschläge bieten dir eine klare Struktur, insbesondere für heikle Themen wie Gehalt und persönliche Daten. Es ist an der Zeit, uns von den Überraschungen im Bewerbungsformular zu verabschieden, wo Bewerber unter hohem Zeitdruck Schnellschüsse machen, beispielsweise in Form von unüberlegten Gehaltsangaben. Stattdessen sollten Bewerbungsprozesse so gestaltet sein, dass jeder die faire Chance bekommt, alles nach und nach gewissenhaft zu beantworten, um sein volles Potenzial zu zeigen. Ein Gewinn für alle!

Ein Pflichtfeld in einer Bewerbung für Gehaltsangaben.
Gehaltsvorstellungen: Stressen dich Pflichtfelder wie dieses?

Adresse & Wohnort bei einer Bewerbung

Anders als oft angenommen, ist die Adresse in Bewerbungen heutzutage für das erste Screening meist NICHT relevant und sollte somit auch nicht im Lebenslauf oder dem initialen Bewerbungsformular auftauchen!

Dieses Relikt stammt noch aus der Zeit, als Bewerbungen per Post verschickt wurden und eine Adresse für die Zustellung von Rückmeldungen vorgegeben war. Übrigens: Erfahre in diesen 5 Lebenslauf-Mythen, auf welche Angaben du im CV darüber hinaus verzichten kannst. Denn obwohl sich die Technologie weiterentwickelt hat, ist das Adressfeld in vielen Online-Bewerbungsformularen aus historischen Gründen immer noch vorhanden. Einige Recruiter (oder Hobby-Detektive?) finden diese Angabe weiterhin spannend. Doch objektiv betrachtet bietet sie keinen Mehrwert, abgesehen von wenigen Ausnahmen wie beispielsweise im öffentlichen Dienst. Auch bei einem internationalen VIE-Programm von Dior, Airbus und vielen weiteren Firmen, bei dem immer das Land gewechselt wird, musst du dir bei diesem Feld keine Sorgen machen.

Aus strategischer Sicht kann ein solches Eingabefeld im Bewerbungsverfahren sogar kontraproduktiv sein, da der Prozess unnötig verlängert wird. Dadurch steigt die Abbruchrate und eventuell passende Bewerber werden möglicherweise wegen eines unwesentlichen Details ausgesiebt. Mit Fairness und Diversity hat dies wenig zutun, ganz zu schweigen von Datenschutz. Was ist aus dem Gebot der Datensparsamkeit geworden, das von vielen Unternehmen in anderen Bereichen lautstark gefordert wird? Es längst überfällig, dass Unternehmen ihre Bewerbungsprozesse überdenken und sicherstellen, dass sie fair und effizient sind, um die besten Talente anzuziehen und Diskriminierung zu vermeiden. Schließlich ist es auch für Unternehmen gut, wenn sie weniger Datensätze scannen und verwalten müssen. Dann könnten sie sich zum Beispiel auf diese 10 Tipps für inklusivere Stellenanzeigen konzentrieren.

Grundsätzlich ist es bei Bewerbungen empfehlenswert, deine Adressangaben und deinen Wohnort erst dann zu teilen, wenn es wirklich relevant wird — für gewöhnlich dann, wenn es um den Vertragsabschluss geht. Damit minimierst du folgende Risiken und steigerst womögliche deine Chancen:

  • 🏕️ Lokale Bevorzugung: Potenzielle Arbeitgeber können sich manchmal durch deinen Wohnort von dir abgeschreckt fühlen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn du sehr weit weg wohnst und die Vermutung besteht, dass du nicht bereit für einen Umzug bist. Manchmal bilden sie sich ihre eigene Meinung und fragen gar nicht erst bei dir nach. Im schlimmsten Fall können lokale Bewerbungen bevorzugt werden, obwohl du geeigneter Kandidat wärst.
  • 🔎 Privatsphäre: Durch Google Maps könnte jeder suchen, wo du wohnst. Doch was geht es sie überhaupt an? Richtig, im initialen Screening, also lange vor der Vertragserstellung, geht es sie –bis auf seltene Ausnahmen– absolut gar nichts an! Mal ehrlich: Es wäre doch echt komisch, wenn alle Beteiligten deine Adresse wissen, du aber vielleicht niemals in die engere Auswahl des Jobs kommst!
Drei leere Adressfelder in einem Bewerbungsformular.
Keine Angst, es ist kein Problem, optionale Felder frei zu lassen.

Habe ich einen Nachteil oder niedrigere Chancen, wenn ich die Adresse erstmal auslasse? Bei seriösen Unternehmen ist dies eigentlich nicht der Fall. Diese werden zu gegebener Zeit sehr freundlich nach weiteren Infos und deiner Adresse fragen. Einige haben sogar Formulare extra für die Adresseingabe, da sie es ohnehin nicht von Beginn an anfordern, was manuelle Arbeit spart. Du brauchst also keine Angst zu haben, dass wichtige Daten nach der Bewerbung nicht mehr übermittelt werden können. Viele Bewerbungs-Tools sind ohnehin so aufgebaut, dass du deine Informationen jederzeit selbst ergänzen und aktualisieren kannst. Und das sogar unabhängig von Bewerbungen. Ein Vorteil für beide Seiten: Bewerber haben Kontrolle über ihre Daten und die Personalabteilung erhält immer den aktuellsten Stand. Ein Umzug wäre hier also auch kein Problem!

Pflichtfeld? Schreibe dies:

Pflichtfelder kannst du wie folgt umgehen, denn es ist dein gutes Recht, diese Angaben zunächst für dich zu behalten:

  • Straße Option 1: Gebe ich gerne im Verlauf des Prozesses bekannt/ Teile ich gerne im weiteren Verlauf mit
  • Straße Option 2: Einfacher Bindestrich oder Punkt (funktioniert nicht immer)
  • Postleitzahl: 00000 oder eine, die nicht existiert wie 99999
  • Ort: Einfacher Bindestrich oder Punkt (funktioniert nicht immer)

Gehaltsvorstellung bei der Bewerbung

Wie sollst du überhaupt realistische Gehaltsvorstellungen in einem winzigen Feld angeben, wenn dir die Benefits, die Arbeitszeiten (Wochenstunden etc.), das Arbeitsmodell, die genauen Aufgaben und viele weitere Details nicht genau oder nur sehr vage bekannt sind? Dann gleicht es eher einem unfairen Ratespiel…

Habe Geduld und warte auf eine Einladung zum Interview. Denn es ist wenig zielführend, sich Gedanken über Gehälter zu machen, wenn es möglicherweise nicht einmal zu einem Gespräch kommt. Nutze diese Zeit lieber effektiv, indem du weitere Bewerbungen abschickst oder dich weiterbildest. Informiere dich zum Beispiel über Tipps zur Jobsucher im Ausland, falls du an einer internationalen Karriere interessiert bist.

Unternehmen sollten dir zunächst alle Einzelheiten der Rolle und Kultur erklären, bevor du deine Gehaltsvorstellungen teilst. Dazu gehört auch, dass alle deine Fragen beantwortet werden, um eine ehrliche Einschätzung zu ermöglichen. Immer häufiger werden zudem ausführliche Broschüren zu den jeweiligen Benefits bereitgestellt. Danach kannst du besser einschätzen, welche Vergütung angemessen ist und letztendlich eine informierte Entscheidung treffen im vergleich zu einem platten Eingabefeld in einer anonymen Bewerbungsmaske. Auch wenn es sich manchmal zieht wie Kaugummi: Warte ab, bis eine Interview-Einladung eintrudelt und verhandle dann bewusst auf Basis aller Fakten. Schließlich willst du dich nicht aus versehen disqualifizieren, nur weil du dich zu niedrig oder zu hoch eingestuft hast. Wenn du vorab neugierig bist, kannst du natürlich auf Kununu und Glassdoor recherchieren.

In einer perfekten Welt, würden Unternehmen einfach ihre Gehaltsspannen für die jeweilige Stelle veröffentlichen. Zum Glück wird dieser Ansatz, der in den USA bereits verbreitet ist, ab 2026 in der EU zur Pflicht. Leider werden solche Informationen in europäischen Jobportalen noch selten angezeigt. Bei diesen 10 internationalen Traineeprogrammen mit Auslandsrotation kann man schon heute einen Trend zu Gehaltsangaben beobachten. Es ist an der Zeit, dass sich das ändert — endlich!

Pflichtfeld? Schreibe dies:

Alle Felder, die nicht Pflicht sind, kannst du bedenkenlos leer lassen. Pflichtfelder kannst du wie folgt umgehen, denn es ist dein gutes Recht, zuerst essentielle Infos vom Unternehmen einzufordern:

  • Freitext Option 1: Besprechen wir gerne persönlich unter Berücksichtigung Ihrer Benefits und weiterer Faktoren.
  • Freitext Option 1: Bindestrich oder Punkt (funktioniert nicht immer)
  • Zahlen: Astronomisch hoher Wert wie 9999999999, eventuell auch 1e (Unternehmen wissen dann, das dies nicht dein echter Gehaltswunsch ist und können es mit dir im Interview besprechen)
Ein Feld in einem Bewerbungsprozess. Die Gehaltsangaben sind als Platzhalter astronomisch hoch.
Bei Gehaltsangaben kannst du zunächst einen Platzhalter eintragen.

Natürlich kannst du alle Texte anpassen und kürzen. Am Ende gibst du das ein, womit du dich wohlfühlst.

Auch wenn immer mehr Unternehmen ihre Candidate Experience und damit auch ihre Bewerbungsformulare verbessern, wird es sicherlich noch etwas dauern, bis sich flächendeckend nutzerfreundliche Standards etabliert haben. Wir werden also erstmal weiter mit überladenen Formularen zu kämpfen haben. Bis dahin helfen dir hoffentlich diese Tipps und Tricks. Vielleicht machst du mit einem übersprungenen oder datensparsam ausgefüllten Feld sogar auf diese Thematik aufmerksam und stichst direkt heraus? Wie auch immer du dich entscheidest, ich wünsche dir in jedem Fall ganz viel Glück und Erfolg bei deiner nächsten Bewerbung!

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Patricia Parnet
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